Naschen erlaubt: Zuckeralternativen im Vergleich.

Zuckeralternativen im Vergleich

Haushaltszucker und Zuckeralternativen im Vergleich Prof. Dr. Damgar Braun im Gespräch
Frau Prof. Braun, gerade in der Vorweihnachtszeit nimmt der Zuckerkonsum sicherlich enorm zu. Die WHO empfiehlt dagegen maximal 50g Zucker pro Tag zu sich zu nehmen, das sind ca. 12 Teelöffel. Können Sie diese Aussage unterstützen?
12 Teelöffel Zucker sind meiner Meinung nach sogar zu viel, aber leider schnell erreicht. Ein großer Teil des freien Zuckers befindet sich in zuckerhaltigen Lebensmitteln, wie z.B. Süßigkeiten, Müslis oder süßen Brotaufstrichen, in zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken wie Limonaden oder Fruchtsäften oder aber auch in Fertiggerichten. Die empfohlene Tagesmenge von 50 g entspricht in etwa 100 g Gummibärchen, 90 g Vollmilchschokolade oder 450 ml Cola. Ein reichhaltiges, süßes Frühstück kann somit dazu führen, dass die Tagesdosis schon überschritten wurde. Wenn man aber auf diese Dinge verzichtet, sie einfach nur reduziert oder aber auch den Haushaltszucker ersetzt, liegt man deutlich unter den empfohlenen 50 g. Ein gesundes Frühstück bestehend aus Vollkornbrot mit Wurst oder Käse, Gurke, einem Ei und einer Tasse Tee lässt mich viel besser in den Tag starten und hält auch länger satt. Tagsüber trinke ich viel Wasser und abends koche ich selbst mit viel frischem Gemüse.
 
Sowohl in den Medien als auch in der Wissenschaft wird man vor den gesundheitlichen Risiken von Haushaltszucker gewarnt. Er schadet angeblich der Gesundheit, erhöht das Krebsrisiko usw. Was genau ist an Haushaltszucker so schädlich?
Nach Daten der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS 1) sind 29 Prozent der Frauen und 43,8 Prozent der Männer übergewichtig, weitere 23,9 und 23,3 Prozent sind adipös. Nach dem Kinder- und Jugend-Gesundheitssurvey (KIGGS) des Robert Koch-Instituts sind 15,4 Prozent der drei- bis 17-Jährigen übergewichtig, weitere 5,9 Prozent leiden unter Adipositas. Dies sind nur zwei Erkrankungen, die auf den übermäßigen Zuckerkonsum in Deutschland zurückzuführen sind. Haushaltszucker ist ein sog. Disaccharid, bestehend aus Glukose und Fruktose. Fruchtzucker wird über die Leber verstoffwechselt. Bei übermäßigem Zuckerverzehr wandelt die Leber die Fruktose in Fett um. Dieses wird in der Leber oder anderen Organen eingelagert und es droht eine Organverfettung. Die Glukose hingegen geht ins Blut und wird mit Hilfe des Hormons Insulin verwertet. Gerät unser Zucker- und Insulinhaushalt außer Kontrolle, können Übergewicht entstehen. Übergewicht und Fettleibigkeit sind mit etlichen Begleit- und Folgeerkrankungen, darunter Diabetes mellitus Typ 2, Fettstoffwechselstörungen, kardiovaskulären Erkrankungen, Krebs und degenerativen Gelenkerkrankungen assoziiert. Jedoch spielen neben dem Zuckerkonsum auch weitere Faktoren wie die Ernährungs- und Sportgewohnheiten eine Rolle. Ich würde hier behaupten: Die Dosis macht das Gift. Ein bisschen Naschen ist natürlich erlaubt, aber im Hinblick auf die möglichen Folgen sollte ein übermäßiger Verzehr vermieden werden.
 
Inzwischen gibt es viele Alternativen zu raffiniertem Zucker. Was unterscheidet Zuckeralternativen von herkömmlichem Haushaltszucker? Was sind die Vorteile und welche Alternative würden Sie empfehlen?
In der Tat, mittlerweile ist das Angebot vielfältig: Kokosblütenzucker, Agavenzucker, Reiszucker, Honig, Xylit, Erythrit oder Stevia sind nur einige davon. Jeder Zucker hat dabei eine eigene Süßkraft, unterscheidet sich im Geschmack und lässt sich vielfältig verwenden. Der herkömmliche raffinierte Haushaltszucker ist chemisch gesehen ein Zweifachzucker, Saccharose, der aus Zuckerrüben und Zuckerrohr gewonnen wird. Bei Xylit und Erythrit handelt es sich um sogenannte Zuckeralkohole. Sie sind aufgrund ihres niedrigen glykämischen Indexes hervorragend für Diabetiker geeignet. Ich persönlich kann den Kokosblütenzucker sehr empfehlen, da er eine kräftige karamellartige Note hat. Ich nutze ihn zum Süßen von Tee oder auch zum Backen. Wer eine Lactoseunverträglichkeit hat, dem würde ich zu Reiszucker raten. Dieser ist von Natur aus frei von Gluten und Lactose.
 
Sind Zuckeralternativen genauso schädlich wie raffinierter Zucker? Worauf muss man beim Kauf achten?
Das würde ich so nicht behaupten. Nun hatte ich ja bereits erwähnt, dass die Menge entscheidend ist. Die Zuckeralkohole z.B. haben im Vergleich zu Haushaltszucker nur halb so viel Kalorien. Sie erhöhen den Blutzuckerspiegel nur wenig und hemmen das Wachstum von Kariesbakterien. Allerdings sind sie ungeeignet für Menschen mit Fruktoseintoleranz und sie können bei übermäßigem Verzehr abführend wirken. Reiszucker ist die allergiearme Variante zu herkömmlichen Haushaltszucker. Der Reiszucker ist von Natur aus glutenfrei, laktosefrei sowie vegan und enthält keine Fruktose. Agavenzucker hingegen besteht größtenteils aus Fructose und Glucose, wobei der Anteil an Fruchtzucker deutlich überwiegt. Da der glykämische Index von Fruchtzucker ausgesprochen niedrig ist, hat der Genuss von Agavenzucker kaum Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel. Allerdings ist er für fruktoseintolerante Menschen eher ungeeignet. Wegen seiner höheren Süßkraft im Vergleich zu herkömmlichen Haushaltszucker, kann er geringer dosiert werden und dadurch kann der Zuckerverbrauch minimiert werden. Beim Kauf würde ich immer darauf achten, zu welchem Zweck ich den Zucker einsetzen möchte. Ob als Geschmackskomponente oder aber, um Intoleranzen zu vermeiden oder um den Zuckerkonsum einzuschränken. Jede Zuckeralternative bietet eine entsprechende Lösung.
 
Haushaltszucker liefert viel Energie (Kalorien), aber wenige wichtige Nährstoffe. Enthalten Zuckeralternativen auch sogenannte „leere“ Kalorien?
Das ist richtig. Der Haushaltszucker, bestehend aus Glucose und Fructose, enthält keine Mineral- oder Nährstoffe. Einige Zuckeralternative hingegen aber schon. Der Agavenzucker z.B. weist einen höheren Gehalt an Mineralstoffen, Spurenelementen und sekundären Pflanzenstoffen auf. Die im Agavenzucker vorkommenden Spurenelemente sind Zink, Eisen, Mangan, Kupfer und Selen. Auch das Beta-Carotin als sekundärer Pflanzenstoff ist im Agavenzucker in größeren Mengen enthalten. Der Kokosblütenzucker enthält ebenfalls viele Mineralstoffe, Vitamine und Aminosäuren. Hier sind vor allem der Gehalt an Kalium, Phosphor und Zink zu erwähnen. Darüber hinaus enthält Kokosblütenzucker die für den Menschen essenziellen Vitamine der Gruppe B und Vitamin C sowie sechzehn wertvolle Aminosäuren, wie z.B. Glutamin. Die Zuckeralkohole Xylit und Erythrit hingegen enthalten keine weiteren Nährstoffe.
 
Der Körper gewöhnt sich an den süßen Geschmack und entwickelt eine regelrechte Sucht. Aus diesem Grund benötigt man immer größere Mengen an Zucker, um überhaupt noch süß zu schmecken. Welche ist die beste Zuckeralternative, um seine Zuckersucht zu stillen? Kann auch eine „natürlichere“ Zuckeralternative zu einer Zuckersucht führen?
Wer tatsächlich süchtig nach Zucker ist und seine Sucht langfristig bekämpfen will, sollte auch auf Zuckeralternativen verzichten. Denn auch diese vermitteln ein Süßgefühl und das Problem wird damit nur umgangen. Besser als Zucker sind die Zuckeralternativen natürlich trotzdem. Daher sollte man im Notfall auf die Zuckeralternativen zurückgreifen, die den Blutzucker langsamer steigen lassen. So kann auch die Süßhungerattacke langsam abschwächen.
 
Eignen sich Zuckeralternativen generell zum Backen? Kann man raffinierten Zucker in einen Rezept 1:1 durch Zuckeralternativen ersetzen? Benötigt man im Vergleich zu Haushaltszucker eventuell sogar weniger Süßstoff?
Natürlich eignen sich die Zuckeralternativen auch zum Backen. Sie geben dem Gebäck teilweise sogar einen charakteristischen Geschmack. Je nach verwendeter Zuckeralternative kann der Haushaltszucker 1:1 ersetzt werden, wie z.B. beim Kokosblütenzucker. Bei höherer Süßkraft kann mengenmäßig auch weniger eingesetzt werden. Hier eignet sich der Agavenzucker zum Süßen von Backwaren.
 
Im Vergleich zu vielen anderen Anbietern, bietet die Lotao GmbH pulverisierte Zuckeralternativen aus beispielsweise Agave oder Reis. Gibt es neben der leichteren Dosierung weitere Vorteile gegenüber Zuckersirupen und Dicksäften?
Natürlich ist die Haltbarkeit ein entscheidender Punkt. Trockene Produkte sind länger lagerfähig. Zudem unterscheiden sich die Pulver strukturell von den flüssigen Zuckeralternativen und bieten daher die Möglichkeit entsprechend der Rezeptur und Dosieranleitung eingesetzt zu werden. Aus meinen Erfahrungen heraus, wirkt sich eine flüssige Süße anders in einem Kuchenteig aus als eine pulverförmige. So fehlt bei manchen Gebäcken einfach etwas, um genug „Körper“ zu erzeugen – zum Beispiel beim Biskuit. Zudem muss man beim Einsatz von flüssigen Zuckeralternativen immer etwas probieren, bis die gewünschte Süße und Konsistenz erreicht ist. Das ist bei Verwendung von kristallinen Pulvern nicht der Fall.
 
Kokosblütenzucker ist aktuell DIE Trendsüße bei ernährungsbewussten Foodies und eine beliebte Alternative für Clean Eating und Clean Baking. Kann Kokosblütenzucker als empfehlenswertes Süßungsmittel eingestuft werden? Was macht den Zucker so besonders und beliebt?
Wie ich vorhin bereits erwähnte, kann auch ich den Kokosblütenzucker sehr empfehlen. Dieser schmeckt nicht nach Kokosnuss, sondern hat ein feines, würziges Karamell-Aroma. Er eignet sich ideal zum Süßen von Kaffee oder Tee, aber auch zum Kochen und Backen von Keksen und Kuchen. Schokoladen bekommen mit Kokosblütenzucker auch einen besonders zarten Schmelz. Der Zucker kann aber auch zum Würzen feiner Saucen, Marinaden oder Suppen verwendet werden. So verstärkt der Kokosblütenzucker beim Braten von Fisch oder Fleisch auf natürliche Weise den Eigengeschmack des Gerichtes und rundet so jede Mahlzeit aromatisch ab.
 
Zuckeralternativen für Kleinkinder – Honig zum Beispiel ist ein Naturprodukt und ist erst ab dem 1. Lebensjahr empfehlenswert, da es Bakterien enthalten kann. Das kommt zwar selten vor, kann aber im schlimmsten Fall den Darm des Babys angreifen. Welche Zuckeralternativen eignen sich am besten für Kleinkinder?
Nun, nachdem wir wissen, dass vor allem Kinder zu viel Zucker zu sich nehmen und in den für Säuglinge und Kleinkinder vermarkteten Nahrungsmitteln und Getränken ebenfalls zu viel Zucker enthalten ist, plädiere ich für einen eingeschränkten Zuckerkonsum bei Kleinkindern. Sofern die Familien frisch kochen und nicht auf fertige Beikostprodukte zurückgreifen, kann der herkömmliche Haushaltszucker durch die genannten Zuckeralternativen ersetzt werden. Kokosblütenzucker, Agavenzucker und Reiszucker eignen sich gut für Kleinkinder. Besonders der Agavenzucker mit seiner höheren Süßkraft ist vorteilhaft, weil hier im Vergleich zum Haushaltszucker weniger eingesetzt werden muss. Damit verringert man den Zuckerkonsum bei Kleinkindern bereits deutlich. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass für Kleinkinder Zuckeralkohole nur in geringen Dosen verwendet werden, da diese bei übermäßigem Verzehr abführend wirken können.
 
Welche Zuckeralternative eignet sich am besten für z.B. Personen mit diversen Lebensmittelunverträglichkeiten?
Hier wäre der Reiszucker eine gute Alternative. Die Reissüße ist von Natur aus frei von Gluten, Fructose und Milchzucker (Lactose), was sie besonders gut verträglich macht. Das fein kristalline weiße Pulver hat eine leichte Butter- und Honignote und macht sich deshalb in Butter- und Walnuss- oder Haselnussgebäck besonders gut. Für die kommende Weihnachtszeit ist sie damit aus meiner Küche nicht wegzudenken.
 
Liebe Frau Prof. Braun, vielen Dank für das Gespräch!
 
*** Über Prof. Dr. Dagmar Braun Prof. Dr. Dagmar Braun ist Geschäftsführerin der Braun-Gruppe, einem der großen mittelständischen Unternehmen in Vorpommern, zu dem unter anderem die Marke Lotao gehört. Die studierte Medizinerin lehrt seit 2014 Gesundheitsökonomie an der Hochschule Fresenius.

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